Ein paar Worte zu meinem Blog...

Dieses Blog ist mein privates Tagebuch. Mein Job ist Hure. Bevor ich mein Blog öffentlich gemacht habe, habe ich es seit 2013 nur für mich geschrieben.

Solltet Ihr hier mit der Erwartung lesen, dass es eine Art Pornoblog ist, muß ich Euch also leider enttäuschen... ;-))

Dafür könnt Ihr virtuell an meinem Leben als Sexdienstleisterin und auch als Privatperson teilhaben, wenn Ihr mögt. Was sicherlich ganz anders ausschaut, als viele sich das vorstellen... mehr dazu könnt Ihr bei „Über mich“ lesen.

Mein aktuelles Thema ist der Ausstieg aus diesem Gewerbe, den ich anstrebe, der sich jedoch aus monetären Gründen nicht so einfach gestaltet, wie man sich das vielleicht vorstellt...

Eure Andrea

Mittwoch, 19. August 2015

Jenny

Es gibt einige wenige ehemalige Kolleginnen, mit denen ich vor langer Zeit zusammengearbeitet habe, und an die ich auch heute manchmal noch denken muß...

Eine davon ist Jenny... Das war ihr Künstlername, so nannte sie sich.

Jenny lernte ich in den neunziger Jahren in Offenbach kennen.Sie arbeitete alleine in einer kleinen düsteren Altbauwohnung, in der sie auch wohnte.War nicht gerade die beste Gegend in Offenbach.Unweit vom Main.Ich glaube, dort leben mehr Ratten als Menschen.Jedenfalls sah man beinahe täglich welche auf der Straße, entweder flugs hinüberhuschen, tumb mitten auf der Fahrbahn sitzen oder überfahren.Bei einem Spaziergang am Main verfolgte uns auch mal eine Riesenratte mehrere hundert Meter :-) man, sind wir quietschend davongerannt! :-)) glaube, es war eine Bisamratte...

Jenny's Altbauwohnung war kakerlakenverseucht, so muß man es echt sagen, obwohl Jenny pieksauber war, und selbst einen Wassertropfen auf der Küchenarmatur wegwischen mußte, weil sie so was störte.Aber in der Wohnung über ihr, wohnte eine marokkanische Familie, die dort selbst Schafe schächtete, und die Überreste in der Wohnung aufbewahrte, dementsprechend wimmelte es von Kakerlaken.Die kamen vor allem nachts raus, und man sah sie wegrennen, sobald man dann den Lichtschalter betätigte und es hell wurde...

Die Altbauwohnung war eher spartanisch eingerichtet, ordentlich, sehr sauber... obwohl Jenny dort auch mit ihrem wenigen Hab und Gut wohnte, war es eigentlich eine Arbeitswohnung.Es gab zwei Arbeitszimmer mit französischen Betten und jeweils einem Kleiderschrank, in einem Zimmer ein TV, und eine kleine Küche, in der wir meist gesessen und gelabert haben.Jenny hatte auch kein privates Zimmer in der Wohnung.Wir arbeiteten meist in einem Arbeitszimmer, abwechselnd, je nachdem, wer von uns einen Gast hatte, manchmal auch zusammen bei einem Dreier, und in dem anderen Zimmer schliefen wir zusammen im Bett oder schauten Fernsehen, wenn wir nicht in der Küche saßen.Meist nachts und meist Domian :-)

Die Wohnung war irgendwie superunheimlich.Sie hatte eine ganz kalte, gespenstische Aura.Ich bin bis heute der festen Überzeugung, dass es in der Wohnung gespukt hat... haltet mich meinetwegen für verrückt.Der Vormieter war in dieser Wohnung verstorben, ich glaube, er hatte sich dort das Leben genommen.Und ich hatte das Gefühl, der Typ war da immernoch irgendwie...

Okay, so was kann man glauben oder man kann drüber lachen, jeder wie er mag.Habe da nie wirklich richtig mit Jenny drüber gesprochen, aber es war schon manches Mal komisch in der Wohnung.Die Wohnung war irgendwie selbst am hellichten Tag unheimlich.Irgendwie war sie auch immer duster...


Ich bin irgendwie bei Jenny gelandet, weil sie eine Kollegin suchte... also, hingefahren, mich vorgestellt, und es paßte von Anfang an mit uns beiden.Im Laufe der Zeit haben wir uns dann richtig eng angefreundet.Das habe ich so in dieser intensiven Form eigentlich in den ganzen fast dreißig Jahren nur drei Mal erlebt, dass ich mich mit einer anderen Hure so angefreundet habe, dass eine richtig intensive private Freundschaft über viele Jahre draus wurde... jedenfalls mochte ich Jenny wahnsinnig gerne.

Sie hatte eine ziemlich krasse Lebensgeschichte... ihre Mutter starb, als sie ein Kleinkind war, und ihr leiblicher Vater machte ein bischen zu viel und intensiv "Hoppe Reiter" mit ihr... :(

So kam sie ins Gewahrsam des Jugendamtes und dann in eine Pflegefamilie, in der es bereits zwei eigene Kinder gab.Die Pflegefamilie nahm sie nur wegen des Geldes auf, das sie dafür bekam.Da machten die Pflegeeltern auch nie einen Hehl draus.Sie hatten ein Haus in einem gutbürgerlichen Offenbacher Vorort abzubezahlen.

Naja, diese wahre Geschichte ist beinahe so klischeehaft, dass man sich den weiteren Teil eigentlich schon denken kann, oder... ?

Wirtschaftlich war irgendwie für sie gesorgt, aber Liebe erfuhr sie dort nicht... die leiblichen Kinder wurden bevorzugt.Und geliebt.Und Jenny war immer das fünfte Rad am Wagen... gewollt und doch nicht gewollt.Sie vermißte ihre Mutter sehr und zeigte mir manchmal Fotos von ihr... aber nichts und niemand konnte ihr die Mutter, die sie so dringend gebraucht hätte, zurückgeben.Und das Trauma durch ihren Erzeuger, wie sie ihn nannte, saß tief in ihr... sie wollte nie Kinder haben.Das lieblose Leben in der Pflegefamilie hatte sie sicherlich über die Jahre geprägt...

Wir waren damals beide Mitte zwanzig, glaube Jenny war ein, zwei Jahre jünger als ich... und sie hatte schon eine ganz schöne Odyssee hinter sich.Zu ihrer Pflegefamilie hatte sie schon seit Jahren keinen Kontakt mehr, obwohl sie beinahe nur einen Steinwurf von der Anschaffwohnung entfernt lebte... manchmal fuhren wir mit meinem Auto an ihrem Haus vorbei, und an der Schule, die sie früher besucht hatte... meist taten wir das in der Nacht, wenn wir auf dem Weg von einem Haus- oder Hotelbesuch zurück waren, oder wenn wir manchmal einfach nur so ein bischen rumfuhren.Irgendwie gab es da trotz des Ungeliebtseins, glaube ich, von ihrer Seite aus so etwas wie eine Sehnsucht...

Jenny hatte immer Sehnsucht nach Liebe... naja, und so landete sie so richtig klischeetypisch in einem Laufhaus, bevor sie 20 Jahre alt war...  und ackerte da eben für einen der sagenumwobenen Loverboys... die hießen damals noch nicht so, aber es gab sie schon.

Der Typ war jedenfalls nicht besonders lange nett zu ihr, und zu lachen hatte sie nach kurzer Zeit nichts mehr, zumal sie homeless war und so gesehen quasi mutterseelenallein auf der Welt.Sie konnte ja nirgendwo hin und auch nicht mehr nach Hause zurück.Das war ihrem Luden natürlich auch klar, und das nutzte er dementsprechend aus, vermöbelte sie, wenn ihm danach war und wenn sie nicht genug Geld rangeschafft hatte, brach ihr die Knochen und schickte sie sogar noch mit Gipsbein anschaffen.Ein Mal schmiß er sie mit Gipsbein die Treppe im Laufhaus runter... naja, sie hatte jedenfalls ein echt übles Programm hinter sich, als ich sie kennenlernte...

Irgendwie lernte sie dann an ihrem Arbeitsplatz einen anderen Loddel kennen, der ihr da raus geholfen hat, und mit dem sie bei einer Nacht- und Nebel-Aktion aus dem Laufhaus abgehauen ist.Der Typ brachte sie dann, hunderte Kilometer entfernt vom Laufhaus, in der Altbauwohnung in Offenbach unter.Und da ging es ihr dann deutlich besser...

Aber natürlich hat diese Pluderhose (weshalb haben eigentlich früher alle Zuhälter Pluderhosen getragen??) das auch nicht gemacht, weil er so ein netter Mensch war... ;-) 

Jenny hatte sich mit dem Heini dann den nächsten Loddel an Land gezogen, der ebenfalls auf Loverboy gemacht hatte, aber deutlich netter zu ihr war als der Brutalo.Die Pluderhose war jedenfalls Jenny gegenüber nicht gewaltätig und hat 'ne Menge Süßholz bei ihr geraspelt und sie poussiert... er kam ein bis zwei Mal im Monat in die Offenbacher Wohnung und hat ihre gesamte Kohle abgeholt, die sie emsig feinsäuberlich in ihrer Geldkassette für ihn gesammelt hatte... ich glaube, zur Belohnung, gab's dann auch noch ein Schäferstündchen für sie, und nach 'ner Stunde war er dann wieder weg... und Jenny pleite. 

Aber sie mochte den irgendwie und war ihm auch dankar... was sie ihm halt auch dadurch zeigte, dass sie ohne zu maulen Kohle für ihn ranschaffte und ihm quasi das ganze Geld, das sie verdiente, tatsächlich aus freien Stücken aushändigte...  er behandelte sie gut und gab ihr Zuneigung und einen Halt.Und er hatte sie aus den unwürdigen Zuständen aus dem Laufhaus und vor dem Brutalo gerettet...

Heute bin ich mir nicht mal sicher, ob er sie wirklich "gerettet" hat, oder ob das nicht letztendlich ein Deal zwischen den beiden Pluderhosen war... und die nette Pluderhose sie ohne ihr Wissen der brutalen Pluderhose abgekauft hatte, und durch die Nacht- und Nebel-Aktion (er "begab sich für sie in Gefahr...") dann noch der "Held" für sie war... nobody knows.Naja, egal... Jenny hing sich jedenfalls an diesen netten Zuhälter :-) der motivierte sie mit einer "gemeinsamen Zukunft", wenn sie genug Geld verdient habe, und sie wollten dann gemeinsam ein großes Sonnenstudio eröffnen blaablubb... dann könnten sie zusammen leben und Jenny bräuchte auch nicht mehr anschaffen gehen... :-))

Ehrlich, ich hab' keine Ahnung, ob Jenny das wirklich geglaubt hatte... sie war wirklich keine Dumme... und ich konnte es schon damals irgendwie nicht richtig zuordnen, dass sie dem diese Story abkaufte... ich wurde nie wirklich schlau draus... sie gab' ihm jedenfalls, abgesehen von gelegentlichen Großeinkäufen, die wir, meist für den gesamten Monat, mit meinem Auto beim Aldi machten, ihre gesamte Kohle... und gönnte sich selbst nichts.Sie kaufte sich selbst auch nichts.Sie brauchte auch irgendwie nichts.Und sie lebte eigentlich immer nur auf den Tag hin, wenn der Typ kommen und ihre Geldkassette leeren würde... sie hat den auch nicht beschissen und keine Kohle für sich gebunkert, denn am Ende hatte sie wirklich nichts... !

Naja, kann sein, sie wollte das einfach glauben... auch wenn sie im Grunde selbst genau wußte, wie der Hase wirklich lief... sie hatte ja genug erlebt und genug mitgemacht.

Und eines Tages nahm dann vollkommen überraschend alles eine sonderbare Wende...das ging dann mit einem Mal alles so schnell, dass ich auch heute noch rückblickend darüber staune... 

Jenny arbeitete dann am Wochenende in einem Pärchen- oder Swingerclub mit... dort lernte sie einen der Teilhaber des Clubs kennen, der aber offenbar nur finanziell daran beteiligt war, selbst aber mit dem Milieu nichts zu tun hatte.Sie verliebte sich in den Typen, und der sich offensichtlich auch in Jenny... 

Jedenfalls ging sie zum Sozialamt, bekam Hilfe von dort, mietete sich ein kleines Appartement und suchte sich eine Putzstelle.Die Wohnung in Offenbach gab sie auf, Pluderhose war Geschichte und auch im Pärchenclub arbeitete sie dann nicht mehr.Sie kam mit dem Teilhaber vom Pärchenclub zusammen, und wurde quasi über Nacht solide... und blieb es! Bis heute.Das ist bald 20 Jahre her.

Sie begann eine Berufsausbildung und zog sie durch.Nebenher hatte sie Putzjobs und konnte sich auch ein Auto leisten.Später zog sie dann zu diesem Mann, wegen dem sie aus der Prostitution ausgestiegen ist.Ich hatte sie dort noch mal besucht, aber irgendwann verlief sich unsere Freundschaft dann nach dem Millenium im Sande... unsere beiden Leben waren zu unterschiedlich geworden, und sie lernte neue Menschen kennen, die nichts mit dem Milieu zu tun hatten.Kurz nachdem sie ihre Berufausbildung beendet hatte, rief sie mich an, und sagte: "Andrea, es gibt Neuigkeiten... da kommst du niiiie drauf!!!"

Das einzige, was ich mir bei Jenny wirklich nicht vorstellen konnte, weil sie es absolut nie wollte, war eine Familiengründung, deshalb antworte ich so spaßeshalber: "Okay, du bist schwanger und ihr heiratet..."

Bingo! :-)))

Ungefähr ein halbes Jahr später bekam sie ihr Kind und heiratete den Kindsvater, also diesen Mann, wegen dem sie solide geworden war...

Und ich denke, sie wurde auch wirklich glücklich... 

Wir haben schon lange keinen Kontakt mehr.... durch Zufall habe ich sie vor einiger Zeit auf Facebook wiederentdeckt, und gesehen, dass es nicht bei dem einen Kind geblieben ist... ^^

Tja, ich denke, das kann man dann auch Happy End nennen... :-) freut mich sehr für sie, für Jenny, die heute nicht mehr Jenny heißt, sondern wieder ihren richtigen Namen trägt...

Ja, das war die Geschichte von Jenny und mir... oder eher die Geschichte von Jenny? So kann's also auch gehen...

2 Kommentare:

  1. .....es ist nicht zu glauben, aber die Frau, die ich vor 10 Jahren heiratete, nannte sich auch Jenny und hielt ihren Beruf vor mir verboren, bis sie jetzt plötzlich starb!

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  2. Es ist nicht zu glauben, aber meine Frau, die ich 2010 heirartete, arbeitete seit 1984 als Jenny in einer privat gemieteten Wohnung.
    Sie sagte es mir nie, sicher aus Angst, dass ich damit nicht klar käme und alles wieder vorbei ist. Sie hatte wohl bis jetzt , kurz vor ihrem plötzliche Tod, ein, zwei oder drei Altkunden , und ich durfte nichts merken. Jetzt ist sie tot, die Liebe meines Lebens. Gestorben im Februar 2019.

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