Ein paar Worte zu meinem Blog...

Dieses Blog ist mein privates Tagebuch. Mein Job ist Hure. Bevor ich mein Blog öffentlich gemacht habe, habe ich es seit 2013 nur für mich geschrieben.

Solltet Ihr hier mit der Erwartung lesen, dass es eine Art Pornoblog ist, muß ich Euch also leider enttäuschen... ;-))

Dafür könnt Ihr virtuell an meinem Leben als Sexdienstleisterin und auch als Privatperson teilhaben, wenn Ihr mögt. Was sicherlich ganz anders ausschaut, als viele sich das vorstellen... mehr dazu könnt Ihr bei „Über mich“ lesen.

Mein aktuelles Thema ist der Ausstieg aus diesem Gewerbe, den ich anstrebe, der sich jedoch aus monetären Gründen nicht so einfach gestaltet, wie man sich das vielleicht vorstellt...

Eure Andrea

Samstag, 4. Juni 2016

Antwort auf eine E-Mail :-)

Hiermit möchte ich eine E-Mail von Steffi beantworten, die ich am 3. Juni 2016 auf's Blog bekommen habe...
Hi du Liebe,

ich würd mich total freun, wenn du mir als private Nachricht (Mail) oder hier im Blog beantworten würdest, aus welchen Gründen dir genau der Ausstieg so schwer fällt?

Als Außenstehender kann man das nicht so ganz nachvollziehen (ist wertfrei gemeint), weil man sich denkt, man kann doch Hartz4 beantragen oder sich nen normalen Job suchen (auch wenn man da heutzutage teils auch schwer um die Runden kommt).

Aber alles besser, als sich den Job mit den Freiern geben zu müssen, gerade wenn man selbst merklich darunter leidet. Und sogar noch dort so schwer Geld verdient.

Also, die Nachricht soll nicht doof rüber kommen und ist auch nicht wertend gemeint.

Es interessiert mich nur sehr und ich hab mir einige Tage Gedanken darüber gemacht.
Auch weil mir das sehr leid tut zu lesen, wenn du aus Geldnot Service ohne Kondom anbieten musst und überhaupt aus dem Gewerbe raus möchtest.
Das hatte mich dann für ein paar Tage so traurig und nachdenklich
gemacht, dass ich mir erst mal 1-2 Tage Auszeit von deinem Blog nehmen musste, weil es mich so belastet hat...

Ich belese mich nun auch über meine Frage im Internet, gerade.
Würde aber sehr gerne DEINE Gründe wissen, weshalb der Ausstieg so schwierig ist.

Und hoffe ich bin dir mit der Frage nicht zu direkt.

Ich wünsch dir ein schönes We.

Lg aus XXX* :D

Steffi

Hallo liebe Steffi,

vielen Dank für Deine Nachricht(en). Werde ich gerne beantworten, und freue mich, wenn ich Dich für das Thema "sensibilisieren" konnte:) ...

Vorab muß ich aber sagen, dass ich NICHTS ohne Kondom mache! (jd.falls nicht GV oder blasen).Das könnte ich gar nicht...

Habe mal gebloggt, dass ich lieber mit meinen Hunden unter 'ner Brücke schlafen oder mir eher das Leben nehmen würde, bevor ich einen Freierschwanz ohne Gummi in den Mund nehme...

Ich weiß, dass sich das sehr krass liest, und dass man in der Not vieles tut, von dem man sich nie vorstellen konnte, es zu tun... aber das meine ich wirklich ernst!

Ich könnte damit nicht leben und nicht weiterleben...

ABER eigentlich ist es auch irrelevant... denn ich bin ja nicht die einzige. Da draußen in der "normalen" Gesellschaft gibt es TAUSENDE, bzw. genaugenommen HUNDERTTAUSENDE, die genau so sind wie ich... die es tun, weil sie müssen... weil sie sonst nicht verdienen... weil sie vor allem nicht Deutsch sind, nicht deutschsprachig und in diesem Land vollkommen auf sich allein gestellt, die horrende Unkosten haben, und deren Existenz hier täglich am seidenen Faden hängt... die einen ungeheuren Druck haben und quasi jederzeit von Obdach- oder zumindest Wohnungslosigkeit bedroht sind, wenn sie ihre Zimmermieten nicht zahlen können... i.d.R. aber konkret von Obdachlosigkeit, da diese Frauen ja normalerweise keine Wohnung in Deutschland haben...

Auch für diese Kolleginnen blogge ich inzwischen... für die, die nicht mal in meinem Blog lesen könnten...


Weshalb es für MICH so schwer ist, aus diesem ganzen Mist rauszukommen, geht eigentlich durch die Chronologie des Blogs seit 2013 ganz gut hervor, denke ich... aber ich gebe zu, es sind inzwischen seeehr viele Beiträge^^ (paar tausend? zweitausend? dreitausend? oder mehr? k.A.), deshalb werde ich noch mal versuchen, es in Kurzfassung zu erklären...

Vorweg, kann man auch im Blog lesen, ich habe mich an etwa 20 [in Worten ZWANZIG] verschiedene Stellen gewandt, um Hilfe zu bekommen... es wollte konnte mir niemand helfen!

Da war wirklich alles dabei, Orga's der Pro Prostitutions-Lobby, die großzügig "Einstiegshilfe" anbieten lol (staatlich gefördert durch Steuergelder übrigens!), die bloß dann i.wie ein Problem haben, die Frauen wieder raus zu bekommen... rein geht immer besser als raus. Ist beim Kinderkriegen so und bei Nutten irgendwie auch... der Anti-Prostitutions-Lobby,.. kirchliche Organisationen, hatte sogar EMMA angeschrieben,... und hatte u.a. auch zwei Gespräche bei der Agentur für Arbeit...

Es erging mir aber so wie auch Huschke Mau, als sie aussteigen wollte, mir konnte niemand helfen.

Zumal mir nicht damit geholfen gewesen wäre, in dem mir jemand die Telefonnr. vom Jobcenter gibt. Bin ja nicht verblödet und obendrein der dt. Sprache mächtig. Die kann ich mir selbst raussuchen und bei Bedarf da anrufen, etc.

Da ich ja total stiersaß und das obendrein noch inmobil hier auf dem Kuhdorf, und ich wirklich absolut mit dem Rücken an der Wand stand, wäre MIR in MEINER Situation nur mit einer Finanzspritze zu helfen gewesen... mit so was wie einem "Existenzgründer"- oder meinethalber "Ausstiegs"-Darlehen, oder wie immer man das nennen möchte... um eben aus dem ganzen stieren Sumpf hier rauszukommen und in eine neue, solide Existenz gehen zu können... Diese Hilfe gab es aber nicht für mich. Obwohl ich WEISS, dass das Geld generell schon da gewesen wäre, und der Staat es einigen Orga's auch für eben GENAU SOLCHE Zwecke zur Verfügung stellt... einzig bei Hydra e.V. hätte ich eventuell entsprechende, auf mich zugeschnittene Hilfe bekommen können, aber, so erklärten sie mir, dürfen sie wohl lt. Satzung nur im Rm. Berlin helfen, weil sie ein Berliner Verein sind...

Naja, vielleicht hast Du es gelesen, ich hatte dann ja irgendwann hier in meiner Verzweiflung über längere Zeit einen Spendenaufruf im Blog gemacht... der aber erst mal gar nix brachte. Es ging nicht 1 einziger Spendencent ein^^ (übrigens wollte ich das Geld nicht wirklich "gespendet", also geschenkt haben, sondern wollte es natürlich zurückzahlen).

Und als ich nicht mehr damit rechnete, tauchte da mit einem Mal aus dem Nichts S. auf... :-) eine Kollegin von mir...

Sie hat es geschafft und sich hart ein solides Leben und eine gute Berufsausbildung erarbeitet, und schafft nebenher an...  Und S. hat sich binnen, ich glaube zwei Tage bzw. Nächte, wenn ich es richtig in Erinnerung habe:) mein gesamtes Blog von Anfang bis Ende reingezogen, und bot mir dann an, mir das dringend für einen ersten Wochentermin benötigte Geld zu leihen, damit ich hier aus dem ganzen Mist rauskomme und mich freischwimmen kann... das waren 500 Euro, die ich benötigte...

Sie hat mir dieses Geld dann geliehen, das sie selbst erst erpoppen mußte... ich war sozusagen im "Live-Ticker" per Mail mit dabei, wie sie Gast um Gast machte, das Geld immer mehr wurde, sie es für mich erwirtschaftete und Scheinchen für Scheinchen zurücklegte, und es mir dann überwies, um mir zu helfen.

Das ist ein WUNDER zur rechten Zeit... und es wird für mich immer ein Wunder bleiben...

500 Euro, die ein ganzes Leben verändern können... letztendlich... denn ohne meine Kollegin S., ihre beeindruckende Hilfe (wir kennen uns gar nicht persönlich, sie kennt mich nur über's Blog und durch E-Mails!) und diese 500 Euro hätte ich es NIEMALS bis hier hin geschafft!


Aber das geht ein bischen an Deiner eigentlichen Frage vorbei...

Bei MIR war es so, dass ich wie gesagt absolut mit dem Rücken zur Wand stand, und absolut keine Bewegungsfreiheit mehr hatte, und das kann man sogar wörtlich nehmen...

Denn ich lebe hier auf dem Dorf, wo man OHNE AUTO nicht mal zum Einkaufen, zur einzigen Dorfpost, zur Sparkasse oder sonst wohin kommt. Es gibt einen Dorfbus, der unregelmäßig fährt, abends nach sieben, am Samstag nach mittags und an Sonn- und Feiertagen gar nicht mehr lol. Ich bin hier wirklich regelrecht festgehangen... das kann man wörtlich nehmen. Ohne Taxi bin ich nicht mal zur Post gekommen. Und JOBS gibt es hier natürlich KEINE;) nur Arbeitslosigkeit... ständig verschwinden irgendwelche Läden, weil sie sich hier auf dem Kaff nicht halten können... was habe ich hier in den letzten Jahren alles eingehen sehen an Geschäften, die aufgeben mußten... ne Bäckerei, ein Handyladen, irgendein Kruschelsladen, der auch Elektronik verkaufte, sogar Deichmann (oder war es Reno?) konnte sich hier auf unserem Dorf nicht halten, ebenso wie Eiscafés, ein Solarium, ein Teeladen, eine Fahrschule,... ach, ich kann sie gar nicht alle aufzählen... eine unserer beiden Tankstellen am Ortsausgang wurde letztes Jahr zur SB-Tanke umgebaut, der Tankwart in seinem Häuschen konnte sich auch nicht mehr halten, und vorgestern habe ich entdeckt, dass nun auch die letzte Tankstelle, die immer einen kleinen "Kiosk" dabei hatte, den auch dicht gemacht hat, das ist jetzt auch eine "unbemannte" SB-Tanke... verrückt.

Das war meine Situation... im Dezember ist mein altes Auto endgültig verreckt, und seitdem war die Kacke richtig am dampfen, sag' ich mal so salopp.

Was macht man in so einer Situation??  Klar, versuchen, Hilfe zu bekommen... ich bekam aber keine, s.o.

Dann habe ich mir einen Termin bei der Agentur für Arbeit/Jobcenter/Arge geben lassen. Daraus wurden letztendlich zwei Beratungstermine. Helfen konnte man mir aber auch dort nicht.

Ich habe ja einen soliden Job im Home Office am PC. Damit verdiene ich monatlich knapp 780 Euro netto, und somit genau 8 Euro mehr als mir hier für unsere Region Hartz4+Miete zustünde;)

Somit, keine Chance, von dort irgendwelche Hilfe zu bekommen... ich war ja nicht arbeitssuchend.

Ich hätte meinen Job kündigen müssen, um Hilfe von dort zu bekommen, hätte aber erst mal ein Vierteljahr lang KEINE HILFE bekommen, weil ich erst mal drei Monate für jedwede Subvention gesperrt worden wäre, da man seinen Job nicht kündigen darf, wie ich dort erfahren habe...

Also, hätte ich drei Monate lang GAR KEIN GELD gehabt... und hier kam ja durch die Anschafferei auch nichts rein... es war ja zum Verzweifeln mausetot.

Davon abgesehen, dass man hier bei uns i.wie aus Hartz4 auch nicht mehr rauskommt, denn es gibt ja keine Jobs... und die Kosten für meine Wohnung hätten sie eh nicht (voll) übernommen. Ich zahle knapp 500 Euro Miete... für eine heruntergekommene, sanierungsbedürftige Wohnung. Das übernimmt kein Jobcenter. Viel zu teuer. Aber andere Wohnungen gibt es nicht. In den paar (sehr wenigen) günstigeren Wohnungen in den Nachbardörfern sind Flüchtlinge untergebracht. Günstigeren Wohnraum gibt es bei uns nicht mehr...


Lange Rede, kurzer Sinn... eine Situation, wo sich die Katze in den Schwanz beißt und um sich selbst dreht... quasi hoffnungslos, da alleine jemals wieder rauszukommen... weil wie?

Hatte dann versucht, mich durch einen Umzug, weit weg in eine andere Region, freizuschwimmen... und meine neue Wohnung angemietet... hatte geglaubt, gehofft, ich bekomme das irgendwie finanziell auf die Reihe, und kann mir ein altes Auto kaufen und hier weggehen... früher lief es ja hier zumindest zeitweise ein kleines bischen, wenn ich in meiner eigenen Wohnung gearbeitet habe, wenn auch nicht gut, aber oftmals ging ein bischen was... aber prompt hatte ich die Wohnung angemietet, ging hier irgendwie schlagartig GAR NIX mehr, UND mein Auto ist auch noch verreckt, aber so, dass sich eine Reparatur in keiner Weise mehr gerechnet hätte (war schon Bj. 98). Abgesehen davon, dass ich mir eine Reparatur eh nicht hätte leisten können... und fortan saß ich dann richtig bös' in der Klemme.

Ich mußte meine Miete zahlen UND mußte auch die Miete für die neue Wohnung zahlen. In der ich eigentlich längst wohnen wollte. Aber das ging, wie gesagt, alles in die Hose... zum Leben bleiben mir durch meinen soliden Job monatlich rund 280 Euro, wenn ich die Miete abziehe. Davon geht aber noch einiges weg, wie GEZ, Hundesteuer, was man so an Verbindlichkeiten hat... also, unmöglich davon zu leben, geschweige denn, irgendetwas zu bewegen... somit konnte ich dann auch nur noch eine Miete bezahlen, und habe mich für die neue Wohnuung entschieden... und für diese Wohnung hier die Kündigung bekommen... und in 9 Tagen muß ich mit Sack und Pack und den Kollega hier raus sein...

Andrea 

*die Ortsangabe von Steffi habe ich aus Gründen der Anonymität unkenntlich gemacht

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